Nach dem 1.Weltkrieg gründeten heimkehrende Soldaten aus Melkendorf 1919 zusammen mit weiteren Gemeindemitgliedern einen Kapellenbauverein. Bereits 1921 wurde der Grundstein gelegt. Auf den Tag genau nach 100 Jahren feierten die Melkendorfer nun am 4. August diese Grundsteinlegung ihrer Kapelle St. Josef mit einem feierlichen Gottesdienst.
Pfarrer i.R. Georg Lohneiß zelebrierte auf dem Kirchenvorplatz die Heilige Messe, zu der zahlreiche Melkendorfer gekommen waren.
Stefan Dorscht verlas, was das damalige Volksblatt darüber ausführlich berichtete:
„Melkendorf zählte zu dieser Zeit 315 Seelen. Vor der Brauerei Winkler nahm der Festzug Aufstellung. Voran schritt die Musikkapelle. Dann folgten der Kriegerverein mit Fahne, die Schulkinder, hierauf drei Mädchen, die auf seidenen Kissen Kelle, Hammer und Meißel trugen. Der Festzug bewegte sich durch die Hauptstraße zum Ortseingang, wo Litzendorfs Hochwürdiger Herr Pfarrer Richard Schindelmann erwartet wurde. Nach der Begrüßung des Pfarrherren durch Herrn Bürgermeister Maurer und des Vorstandes des Kapellenbauvereines Herrn Pankraz Behr bewegte sich der Zug zum festlich geschmückten Kirchplatz, wo bereits von den umliegenden Ortschaften sich eine große Anzahl Gläubiger eingefunden hatte.
An der Stelle, wo der künftige Hochaltar zu stehen kommen soll, war ein sehr hübsch geschmückter Feldaltar errichtet. Die Liedertafel Melkendorf leitete mit zirka 50 Sängerinnen und Sängern die Feier ein mit der Hymne: „Leih aus deines Himmels Höhen“. Als die letzten Akkorde verklungen waren, wurde das am Feldaltar aufgerichtete Holzkreuz geweiht. Nun wurde die Weihe des Grundsteines vorgenommen, der vom Pfarrherren unter Assistenz der Bauleute eingemauert wurde. Dazu wurden einig Hammersprüche vom Pfarrer, dem Lehrer, dem Maurer und dem Vereinsvorstand gesagt.
Nach der Verlesung der Gründungsurkunde wurde diese in ein Blechkästlein gelegt und dem Herrn Pfarrer zur Einmauerung übergeben. Nach der Weihe der Grundmauern brachte die Sängerschar das prächtige Loblied: „Groß ist der Herr“ von Bach zum Vortrag. Nun hielt Herr Pfarrer Schindelmann eine ergreifende und zu Herzen gehende Ansprache unter dem Motto: „Und der Herr sprach: „Erbaut mir ein Haus und ich will in eurer Mitte wohnen“. Die tiefe Stille, die bei der Ansprache herrschte, mag dem Pfarrherrn ein Zeichen sein, wie tief seine so aufrichtig und gut gemeinten Worte in die Herzen aller Zuhörer drangen. Das Loblied „Großer Gott, wir loben dich“ beschloss die einzig schöne kirchliche Feier.
Nach der kirchlichen Feier begab sich der Festzug zur Brauerei Winkler, wo noch einige Stunden der Unterhaltung gepflogen wurden. R.D.“
In seiner Predigt erinnerte Pfarrer Lohneiß daran, dass im Zeitungsbericht sehr gut zum Ausdruck komme, dass der Glaube und das Für- und Miteinander für die Melkendorfer damals wichtig war. Er sagte weiter: „Gott braucht kein Haus, die Melkendorfer haben eine Kirche gebaut, um in ihr Gott zu verherrlichen und in diesem Mittelpunkt Eucharistie zu feiern. Den Heiligen Josef haben sie als Schutzpatron gewählt, weil er als Zimmermann der Patron der Arbeiter ist und die Melkendorfer ein arbeitssames Volk sind.“ Josef war aber ein glaubensstarker Mann, fuhr der Prediger fort, der nicht viel geredet, sondern gehandelt habe. Beispiele seien die Annahme Marias als seine Verlobte und später die Flucht mit ihr und dem kleinen Jesuskind nach Ägypten.
Beim Blick zurück dankte der Pfarrer allen, die sich damals und auch heute für den Erhalt der Kapelle engagieren. Namentlich nannte er dabei den letzten Bürgermeister von Melkendorf, Georg Dorscht und seine Frau Agnes. Deren Sohn Reiner sorgte jetzt dafür, dass der Innenraum der Kirche renoviert wurde. Die Außensanierung soll bis zum Weihejubiläum im nächsten Jahr erfolgen, zu der auch Erzbischof Ludwig Schick sein Kommen zugesagt hat.
Die Litzendorfer Blaskapelle umrahmte die Feier musikalisch und spielte nach dem Segen als Schlusslied die Frankenhymne „O himmlische Frau Königin“.
Die Kapelle gehört seit 1978 der Gemeinde Litzendorf. Deren 1. Bürgermeister Wolfgang Möhrlein dankte den Melkendorfern für ihre vielen unentgeltlichen Arbeitsstunden bei der Renovierung der Kapelle.
Nach dem Gottesdienst gab es auch zu essen und zu trinken und Gelegenheit, sich zu unterhalten.
Joseph Beck